Kindesmissbrauchsfälle in Münster: Das ist bislang bekannt

Die Polizei in Nordrhein-Westfalen stellt massenhaft kinderpornografisches Material sicher. Was sie entdeckt haben, entsetzt die Ermittler. Drei Kinder sollen über Jahre von mehreren Männern missbraucht worden sein.

Die schockierenden Taten haben die Ermittler fassungslos zurückgelassen. Die von den Verdächtigen benutzte hochprofessionelle Technik brachte die Polizei an ihre Grenzen. In Nordrhein-Westfalen haben die Behörden ein Pädophilen-Netz entdeckt und bundesweit elf Verdächtige festgenommen. Sieben der Beschuldigten befinden sich in Untersuchungshaft. In diesem Artikel geht es um die Hintergründe und Einzelheiten zur Tat (Stand 8. Juni, 10 Uhr).

Die Täter

Der Hauptbeschuldigte ist ein 27-jähriger IT-Techniker aus Münster. Ermittler fanden hochprofessionelle technische Ausstattung zur Videoaufzeichnung. Sie stellten mehr als 500 Terabyte versiert verschlüsselten Materials sicher. Nach der Auswertung der ersten Daten gehen Polizei und Staatsanwaltschaft davon aus, dass bislang nur ein kleiner Teil der mutmaßlichen Verbrechen bekannt geworden ist. Viele der Daten müssen noch entschlüsselt werden. Um die Dimensionen zu verdeutlichen: Handelsübliche Computer für den Heimgebrauch haben Speicherplatten mit einer Größe von 1 bis 3 Terabyte.

Unter den weiteren Verdächtigen befindet sich auch die Mutter des Hauptbeschuldigten, die als Erzieherin in einem Kindergarten gearbeitet hat. "Die Leitung der Kita wurde von uns informiert", sagte Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) hatte zuvor über den Arbeitsplatz der Frau berichtet.

Der Fall

Die Gartenlaube der Mutter des Hauptverdächtigen Adrian V. in Münster gilt als Haupttatort. In der Gartenlaube in Münster sollen vier Männer stundenlang wechselweise einen fünf- und einen zehnjährigen Jungen vergewaltigt und die Taten teilweise gefilmt haben. Der 27-jährige Hauptverdächtige soll dazu den Männern den zehnjährigen Sohn seiner Lebensgefährtin überlassen haben.

Das zweite Opfer war den Angaben zufolge der Sohn eines 30 Jahre alten Beschuldigten aus Staufenberg (Hessen). Die Kinder sollen vor den Taten betäubt worden sein. Bilder und Videos der Taten bot der Hauptverdächtige im Darknet an.

Hintergründe

Bei den weiteren Beschuldigten, gegen die Haftbefehl erlassen wurde, handelt es sich den Angaben zufolge um Männer aus Hannover (35 Jahre alt), Schorfheide in Brandenburg (42), Kassel (43) und Köln (41) sowie um die 45 Jahre alte Mutter des Hauptverdächtigen. Sie soll ihrem Sohn die Schlüssel für die Gartenlaube überlassen und den sexuellen Missbrauch der Kinder in Kauf genommen haben.

Unterdessen wurde bekannt, dass das Jugendamt der Stadt Münster Kontakt zu der Familie von einem der Opfer hatte. Die Familie sei den Behörden aus den Jahren 2015 bis 2016 bekannt, "weil der soziale Kindsvater wegen des Besitzes und des Vertriebs pornografischer Daten aufgefallen war", teilte die Stadt am Samstag mit. In dieser Zeit habe das Jugendamt Kontakt zu der Familie gehabt. 2015 habe das Familiengericht keinen Anlass gesehen, das Kind aus der elterlichen Verantwortung zu nehmen.

Reaktionen auf den Missbrauchsfall

Der Missbrauchsfall löste eine Welle der Bestürzung aus. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte der dpa: "Diese furchtbaren Missbrauchsfälle von Münster erschüttern mich zutiefst." Sie zeigten ein weiteres Mal, "wie widerwärtig menschliche Abgründe sein können".

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sagte: "Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft noch wachsamer sind, um frühzeitig Missbrauch erkennen und wirksam dagegen vorgehen zu können." Zum Schutz von Kindern brauche es "ein aufmerksames Umfeld, das hinschaut und Hilfe organisiert".


mit dpa

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