Der Trend zur raschen Bestsellerverfilmung

Der Trend zur raschen Bestsellerverfilmung
© Felix Hörhager/dpa

Deutscher Film

Berlin (dpa) - Bei Patrick Süskinds Roman «Das Parfum» dauerte es mehr als 20 Jahre bis zu einer Verfilmung, bei Bernhard Schlinks «Der Vorleser» etwa 14 Jahre. Heute scheint die Zeit zwischen Buchveröffentlichung, Bestseller-Werdung und Bewegtbild-Realisierung weit kürzer zu sein. 

Bestes Beispiel aus der Gegenwart: Caroline Wahls Debütroman «22 Bahnen». Er erschien 2023 und kommt nun schon 2025 ins Kino (Start 4. September). 

Neun Belege aus den letzten zehn Jahren, dass die Filmbranche heute oft viel schneller ist, wenn es darum geht, einen erfolgreichen Stoff am Buchmarkt abzugreifen und für Kino, Fernsehen oder Streaming zu adaptieren:

«Ich bin dann mal weg» (2015)

Hape Kerkelings Jakobsweg-Reisebericht erschien 2006 und gilt als eines der erfolgreichsten deutschsprachigen Sachbücher der Nachkriegszeit. Für die Verfilmung rund neun Jahre später wurde Devid Striesow für die Hape-Rolle gewonnen. Regie führte Julia von Heinz. Die Kinobesucherzahl blieb mit knapp zwei Millionen weit unter der Zahl der verkauften Bücher (mehr als fünf Millionen).

«Er ist wieder da» (2015)

In dem Debütroman von Timur Vermes erwacht Adolf Hitler in unserer Gegenwart mitten in Berlin wieder zum Leben. Schon drei Jahre nach Erscheinen des Buchs kam eine Verfilmung von David Wnendt («Feuchtgebiete») ins Kino. Hitler wird darin von Oliver Masucci gespielt. Die Satire hatte rund zweieinhalb Millionen Kinobesucher.

«Tschick» (2016)

Der furios-witzige Roman von Wolfgang Herrndorf (1965-2013) über zwei jugendliche Außenseiter und Ausreißer erschien 2010. Um die vier Millionen Exemplare der Road Novel wurden verkauft. Schon kurz nach dem Erscheinen bemühte sich Fatih Akin um die Filmrechte, sie gingen aber an andere Produzenten. Nach einigem Hin und Her (erst sollte David Wnendt Regie führen) landete die Regie dann doch bei Akin. Ergebnis war ein rundes Roadmovie. Die Kinobesucherzahl (mehr als 900.000) blieb unter der Leserzahl.

«Babylon Berlin» (ab 2017)

«Der nasse Fisch - Gereon Raths erster Fall» von Volker Kutscher erschien 2008. Der Roman wurde als erste Staffel der deutschen Fernsehserie «Babylon Berlin» verfilmt (2017 bei Sky, 2018 dann im ARD-Fernsehen im Programm). Henk Handloegten, Achim von Borries und Tom Tykwer führten Regie. Sie führten das Projekt mit Volker Bruch als Gereon Rath und Liv Lisa Fries als Charlotte Ritter über mehrere Staffeln fort. Die Serie wurde in vielen Ländern begeistert aufgenommen. Derzeit ist die finale Staffel mit acht Episoden in Arbeit. Sie beruht auf dem Roman «Märzgefallene» (2014 erschienen) von Volker Kutscher. Die Handlung spielt im Februar 1933, in der Zeit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten.

«Axolotl Overkill» (2017)

Drogen, Sex und Einsamkeit. Helene Hegemann brachte 2010 mit «Axolotl Roadkill» ihren erst gehypten, dann wegen einer Plagiatsaffäre umstrittenen Debütroman heraus - eine wilde Coming-of-Age-Story mit vielen Berlin-Klischees. Unter dem Titel «Axolotl Overkill» hat Hegemann selbst dann 2015 ihren skandalumwitterten Roman fürs Kino verfilmt. Die Filmversion kam 2017 ins Kino und fällt wegen der starken Mifti-Darstellerin Jasna Fritzi Bauer auf.

«Der Junge muss an die frische Luft» (2018)

Im Oktober 2014 erschien die Autobiografie des Entertainers Hape Kerkeling, schon vier Jahre später (Weihnachten 2018) kam der Film dazu ins Kino. 

Trotz teils schweren Stoffs (Verlust der Mutter durch Suizid) gelang Oscar-Preisträgerin Caroline Link eine in weiten Teilen leichtfüßige Verfilmung mit dem grandios ausgewählten und geführten Kinderdarsteller Julius Weckauf. Im Kino war der Film zu Recht ein großer Hit mit fast vier Millionen Besuchern.

«Deutsches Haus» (2023)

Die Drehbuchautorin Annette Hess, die mit historischen Stoffen wie «Weissensee» und «Ku'damm 56» seit Jahren Erfolge feiert, brachte 2018 ihr Romandebüt «Deutsches Haus» heraus. Als Headautorin und Showrunnerin bereitete sie ihr Buch auch fürs Fernsehen auf. Die Miniserie für Disney+ mit Katharina Stark, Anke Engelke und Hans-Jochen Wagner ist hervorragend gemacht. Es geht um die juristische und gesellschaftliche Aufarbeitung des Massenmordes an den Juden. Im Zentrum steht eine Übersetzerin in einem Prozess gegen NS-Täter.

«Sonne und Beton» (2023)

Felix Lobrecht ist als Comedian und Podcast-Moderator («Gemischtes Hack») bekannt. 2017 veröffentlichte er seinen Roman «Sonne und Beton», der den Geist der frühen 2000er Jahre einfangen will. Es ist die Geschichte von vier Jungs, die im Berliner Süden aufwachsen, in der Neuköllner Gropiusstadt. Aus Geldnot brechen sie in ihre eigene Schule ein und stehlen Computer, die sie dann verticken wollen. In rund zwei Stunden nimmt einen der Film von 2023 mit zu zerrütteten Familien und ziellosen Männern, zu Hochhausschluchten und Hinterzimmerdeals, zu freundlichen und weniger freundlichen Leuten. Das Werk, das auf 1,2 Millionen Kinobesucher kam, erinnert ein wenig an «Tschick» - nur nicht ganz so gut.

«Maxton Hall – Die Welt zwischen uns» (2024)

Der Young-Adult-Roman «Save me» (erzählt wird die College-Lovestory eines arroganten Millionärssohns und der bodenständigen schlauen Ruby) erschien 2018 und kam 2024 als Sechsteiler bei Amazons Streamingdienst Prime Video heraus, wo die Ufa-Produktion «die größte globale Zuschauerzahl eines nicht-amerikanischen Titels» holte. Schon kurz nach der Veröffentlichung der Serie mit Damian Hardung und Harriet Herbig-Matten wurde die zweite Staffel bestellt, die ab 7. November zu sehen sein soll.

Fazit:

Bestseller- und Popliteratur-Verfilmungen sind im deutschen Sprachraum eine Art eigenes Genre geworden. Bei der Zuschauerzahl sind solche Filme etwa den «Fack ju Göhte»-Filmen oder den Werken von Stars wie Til Schweiger und Matthias Schweighöfer fast ebenbürtig geworden.

© dpa-infocom, dpa:250901-930-980526/1
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Entertainer Hape Kerkeling (links) und Schauspieler Julius Weckauf bei der Premiere des Films «Der junge muss an die frische Luft» Ende 2018. (Archivbild)© Caroline Seidel/dpa
Entertainer Hape Kerkeling (links) und Schauspieler Julius Weckauf bei der Premiere des Films «Der junge muss an die frische Luft» Ende 2018. (Archivbild)
© Caroline Seidel/dpa
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Die Jung-Schauspieler Anand Batbileg (links) und Tristan Göbel bei der Weltpremiere des Kinofilms «Tschick» im September 2016 in Berlin. (Archivbild)© picture alliance / dpa
Die Jung-Schauspieler Anand Batbileg (links) und Tristan Göbel bei der Weltpremiere des Kinofilms «Tschick» im September 2016 in Berlin. (Archivbild)
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